Verbandssanktionsgesetzentwurf belohnt Compliancevorkehrungen mit Sanktionsmilderung
Der Verbandssanktionsgesetzentwurf verfolgt das Ziel, Verbände zur Sanktionierung und zwar auf einer eigenständigen gesetzlichen Grundlage zu sanktionieren. Bisher wurden Straftaten, die aus Verbänden (juristische Person und Personenvereinigung) heraus begangen werden, nach geltendem Recht gegenüber dem Verband lediglich mit einer Geldbuße nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) geahndet. Der Gesetzentwurf geht davon aus, dass eine angemessen Reaktion auf Unternehmenskriminalität damit nicht möglich sei. Die bisherige Verbandsgeldbuße von maximal 10 Millionen Euro gilt unabhängig von der Verbandsgröße und bevorzugt multinationale Konzerne und benachteiligt kleinere und mittelständige Unternehmen. Nach bisher geltendem Recht fehlen „ Rechtssichere Anreize für Investitionen in Compliance“ (S. 1 im Referentenentwurf). Mit dem Gesetzentwurf wird die Ahndung von Verbandsstraftaten auf eine neue Grundlage gestellt. Das Verbandsverfahren wird außerhalb des Ordnungswidrigkeitsrechts neu geordnet. Danach werden insbesondere Compliancemaßnahmen berücksichtigt. Vor allem sollen nach § 16 Abs. 2 Nr. 6 VerSanGE bei bisheriger Sanktionsfreiheit und unter Berücksichtigung von „Vorkehrungen“ zur Vermeidung und Aufdeckung von Verbandsstraftaten vor der Tat Sanktionsminderungen begründen. Dem Verband sollen mit den Vorkehrungen „bei der Sanktionsbemessung“ auch Elemente der Compliance zugutekommen. Der Gesetzentwurf geht davon aus, dass auch ein Optimum an Compliance nicht verhindern kann, dass einzelne Leitungspersonen Straftaten begehen. In diesen Fällen kann eine substantielle Sanktionsmilderung vorgenommen werden. Liegen dagegen Defizite bei der Compliance vor und wäre die Verbandsstraftat durch eine ordnungsgemäße Compliance verhindert oder wesentlich erschwert worden, „kann nur das grundsätzliche Bemühen des Verbandes um Compliance zu seinen Gunsten gewürdigt werden.“ Hervorzuheben ist, dass nach § 16 Abs. 2 Nr. 7 VerSanGE eine sanktionsmindernde Berücksichtigung von Compliancemaßnahmen vorgesehen ist, die nach der Tat ergriffen wurden, insbesondere um durch die Tat aufgezeigte Defizite der Compliance zu beheben. Bei Compliancebemühungen beim Nachtatverhalten können somit sanktionsmildernd berücksichtigt werden.
Die Höhe der Verbandsgeldsanktion wirkt bedrohlich und soll von Straftaten aus Verbänden heraus abschrecken und Compliancemaßnahmen fördern um legales Verhalten im Unternehmen sicher zu stellen. Nach § 9 Abs. 1 VerSanG beträgt die Verbandsgeldsanktion bei einer vorsätzlichen Verbandsstraftat mindestens EUR 1.000 und höchstens 10 Millionen EUR, bei einer fahrlässigen Verbandstraftat mindestens EUR 500 und höchstens 5 Millionen EUR. Nach § 9 Abs. 2 VerSanG beträgt die Verbandsgeldsanktion bei einem Verband auf einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichteten Zweck und einem durchschnittlichen Jahresumsatz von mehr als 100 Millionen EUR im Vorsatzfall mindestens EUR 10.000 und höchstens 10 % des durchschnittlichen weltweiten Jahresumsatzes bei einer fahrlässigen Verbandsstraftat mindestens EUR 5.000 und höchstens 5 % des durchschnittlichen weltweiten Jahresumsatzes.
Die Rechtsfolgen zur Sanktionsminderung aus dem Verbandssanktionsgesetzentwurf entsprechen der BGH Rechtsprechung im Panzerhaubitzenfall vom 09.05.2017 – 1 StR 265/16