Entwurf für das Hinweisgeberschutzgesetz
Das Bundesjustizministerium hat einen ersten Referentenentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/1937 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (sog. EU-Whistleblower-Richtlinie) vorgelegt. Es handelt sich um das Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen (Hinweisgeberschutzgesetz – HinSchG). In Deutschland ist der Hinweisgeberschutz bislang vor allem durch die Rechtsprechung geprägt.
Insbesondere die Gerichte der Zivil- und Arbeitsgerichtsbarkeit orientieren sich an den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR). Dieser hatte sich im Jahr 2011 in einer Grundsatzentscheidung, in der es um die Meldung von Missständen in einem Pflegeheim ging, mit der Abwägung zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen befasst und geurteilt, dass im konkreten Fall eine Verletzung von Artikel 10 (Freiheit der Meinungsäußerung) der Europäischen Menschenrechtskonvention vorlag. Der EGMR bestätigte die Pflicht von Arbeitnehmern zu Loyalität, Zurückhaltung und Vertraulichkeit gegenüber dem Arbeitgeber und bezeichnete den Gang an die Öffentlichkeit als „letztes Mittel“. Für Hinweisgeber bleibt allerdings angesichts der unscharfen Kriterien für ein zulässiges „Whistleblowing“ ein erhebliches Risiko, wenn sie einen Rechtsverstoß an externe Stellen melden. Mit der Umsetzung der EU-Richtlinie soll hier jetzt Abhilfe geschaffen werden.
Der persönliche Anwendungsbereich (§ 1 HinSchG) umfasst alle Personen, die in ihrem beruflichen Umfeld Informationen über Verstöße erlangt haben. Der sachliche Anwendungsbereich (§ 2 HinSchG) greift die durch die EU-Whistleblower-Richtlinie vorgegebenen Rechtsbereiche auf. In diesem Paragraf wird genau festgelegt, welche Rechtsverstöße von Hinweisgebern sanktionsfrei gemeldet werden können. Darunter fallen alle Verstöße, die als Straftat geahndet werden und Verstöße, die bußgeldbewehrt sind, soweit die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient. Daneben werden Meldungen von sonstigen Verstößen gegen Rechtsvorschriften des Bundes und der Länder sowie der Europäischen Union geschützt, soweit sie in § 2 HinSchG aufgeführt sind. Darunter fallen u.a. Verstöße gegen Rechtsvorschriften
· zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung,
· mit Vorgaben zur Produktsicherheit und -konformität,
· mit Vorgaben zur Sicherheit im Verkehrsrecht,
· mit Vorgaben zum Umweltschutz,
· mit Vorgaben zum Strahlenschutz und zur kerntechnischen Sicherheit, zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und der Energieeffizienz,
· zur Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit,
· zu Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Substanzen menschlichen Ursprungs, Arzneimittel und Medizinprodukte sowie die grenzüberschreitende Patientenversorgung,
· zur IT-Sicherheit und
· zum Datenschutz.
Für Hinweisgeber sind mit internen und externen Meldekanälen zwei gleichwertig nebeneinanderstehende Meldewege vorgesehen, zwischen denen sie frei wählen können (§§ 7 bis 31 HinSchG). Es werden die Voraussetzungen festgelegt, unter denen eine hinweisgebende Person Informationen über Verstöße öffentlich zugänglich machen darf (§ 32 HinSchG). Sofern hinweisgebende Personen die Anforderungen des HinSchG an eine Meldung oder Offenlegung einhalten, werden sie umfangreich vor Repressalien wie Kündigung oder sonstigen Benachteiligungen geschützt (§§ 33 bis 39 HinSchG).
Im Compliance-Managementsystem „Recht im Betrieb“ gibt es schon seit langen eine Funktion, mit der Mitarbeiter Unregelmäßigkeiten im Betrieb melden können, die eine Reaktion von Seiten der Geschäftsführung erfordern. Mit der Meldemaske können insbesondere die 526 gesetzlichen Meldepflichten erfüllt werden, die im Managementsystem markiert sind.
Wir haben die Meldemaske bereits im Hinblick auf die Anforderungen der EU-Whistleblower-Richtlinie erweitert. Sie kann dadurch auch für anonyme Meldungen genutzt werden und somit als Grundlage für ein Hinweisgebersystem dienen, wie es jetzt auch vom geplanten Hinweisgeberschutzgesetz gefordert wird.