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20.07.2018

Kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Compliance-Management-Systemen

Aufsatz von Dr. Manfred Rack im Compliance-Berater Ausgabe 08/2018

Mit Compliance-Management-Systemen wird die Legalitätspflicht von Vorständen und Geschäftsführern erfüllt. Danach müssen sie dafür sorgen, dass sie sich selbst und dass sich ihre Mitarbeiter im Unternehmen legal verhalten. Alle gesetzlichen Pflichten des Unternehmens müssen erfüllt und kontrolliert werden. Dabei gibt es keinen Entscheidungsspielraum. Beim Einhalten gesetzlicher und tariflicher Regelungen haben Organe kein Bestimmungs- und der Betriebsrat dementsprechend kein Mitbestimmungsrecht.

Die Pflicht zum legalen Verhalten im Unternehmen verursacht keine Nachteile für Mitarbeiter, vor denen der Betriebsrat durch Mitbestimmung schützen müsste. Es ist davon auszugehen, dass im Gesetzgebungsverfahren die Interessen der Unternehmensmitarbeiter ausreichend berücksichtigt wurden. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zum Compliance-System würde bedeuten, dass im Ergebnis die Kontrollierten mitbestimmen könnten, ob und wie sie kontrolliert werden, dass sie sich pflichtgemäß verhalten.

Die Diskussion in der Unternehmenspraxis über Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats schafft für die Umsetzung eines Compliance-Management-Systems erhebliche Rechtsunsicherheit. In der Zeit des schwebenden Streits kann es deshalb zu Rechtsverstößen kommen, weil unsicher ist, an wen Rechtspflichten delegiert werden können, insbesondere ob auch die vom Betriebsrat vertretenen Mitarbeiter Rechtspflichten des Unternehmens erfüllen müssen. Alle Unternehmenspflichten können schon wegen der Pflichtenmenge nicht allein von den Führungskräften erfüllt werden. Rechtsverstöße sind ausschließlich von den Organen und den Führungskräften zur verantworten. Die Organe haften für Schäden durch Organisationsverschulden, während die Betriebsräte dafür nicht haften. Die Compliance-Beauftragten tragen bei strafbewehrten Pflichten das Risiko der Strafbarkeit wegen Beihilfe. Die Organe und ihre Beauftragten müssen deshalb ein starkes Interesse daran haben, die Frage der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu klären. Nur Rechtssicherheit und die Delegation aller Rechtspflichten des Unternehmens auf möglichst viele Mitarbeiter in einem jeweils vertretbaren Pensum schützt vor Schäden durch Rechtsverstöße und vor der Organhaftung wegen Organisationsverschuldens. Zu empfehlen ist die Trennung zwischen mitbestimmungspflichtigen Regelungen zum Ordnungsverhalten im Betrieb und dem mitbestimmungsfreien Compliance-Management zur Organisation gesetzlicher Regelungen. Schließlich ist zu empfehlen, neben den Gesetzen auch die höchstrichterliche Rechtsprechung und die sich daraus ergebenden Rechtspflichten des Unternehmens ständig zu erfassen und die sich daraus ergebenden Pflichten einzuhalten.

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