“Vorkehrungen“ nach § 15 Abs. 3 Nr. 6 u. 7 VerSanG konkretisieren durch Bezugnahme auf die DIN ISO 19600
In unserem letzten Newsletter haben wir ausführlich über den Entwurf des Verbandssanktionsgesetzes (VerSanG) berichtet. Eingeführt wird das Unternehmensstrafrecht. Sanktioniert werden nicht mehr Personen mit einer Funktion aus dem Unternehmen, sondern ausschließlich das Unternehmen selbst. Die Geldsanktionen werden nach § 9 VerSanG verschärft bis auf 10 % vom Jahresumsatz bei vorsätzlichen Verbandstaten. Das bisherige Verfolgungsermessen wird durch Verfolgungszwang nach dem Legalitätsprinzip ersetzt. Beim Anfangsverdacht müssen Behörden ermitteln. Auf das Verschulden einzelner Personen kommt es für die Annahme einer Verbandsstraftat nicht an. Der Verstoß gegen eine strafbewehrte Rechtspflicht reicht aus.
Verschärfend kommt hinzu, dass die persönliche strafrechtliche Verantwortlichkeit der Vorstände und Geschäftsführer der Mitarbeiter bestehen bleibt. Neben dem Unternehmen haften somit auch Vorstände und Geschäftsführer. Im Gegensatz zum Kölner Entwurf, der Vorgängerversion, enthält die Fassung vom 20.04.2020 kein Regressverzicht gegenüber den Organen des Unternehmens.
Das Interesse richtet sich nach den drastisch verschärften Sanktionen auf die Möglichkeit, sie zu vermeiden. Nach § 15 Abs. 3 Nr. 6 und 7 VerSanG können Vorkehrungen berücksichtigt werden. Die Gesetzesbegründung nennt als sanktionsmildernde Vorkehrungen Compliance-Maßnahmen, ohne allerdings zu definieren, wie ein Compliance-Management-System ausgestaltet sein muss.
Als Mitglied des DIN-Ausschusses, der für die Fortentwicklung der DIN ISO 19600 für die Unternehmensführung zuständig ist, habe ich vorgeschlagen, zur Konkretisierung der „Vorkehrungen“ auf die Empfehlungen der DIN ISO 19600 Bezug zu nehmen. Dadurch würde die Empfehlung Gesetzeskraft erlangen, die Rechtsunsicherheit würde vermindert. Die Normadressaten könnten sicher sein, unter welchen Bedingungen sie die drastischen Sanktionen vermeiden können. Ohne diese Konkretisierung würden Gerichte entscheiden und nach § 13 Abs. 2 VerSanG bestimmte Vorkehrungen zur Vermeidung von Verbandstaten bestimmen können. Mit meiner Initiative möchte ich gerade vermeiden, dass Gerichte im Nachhinein Vorkehrungen bestimmen. Die Unternehmen sind bei der derzeitigen Rechtsunsicherheit über Vorkehrungen nicht in der Lage, zu kalkulieren, welche Vorkehrungen die Sanktionen vermeiden. Auf jeden Fall soll erreicht werden, in der Gesetzesbegründung oder bestenfalls im Gesetzestext die DIN ISO 19600 zu zitieren, wodurch diese wie ein Gesetz wirkt und Rechtssicherheit für alle bietet, die den drohenden Sanktionen entgehen möchten.
Für weitere Anregungen wäre ich dankbar.